Rede von Dr. Sebastian Rohe

Baumerhaltungsstrategie

Dr. Sebastian Rohe

Rede Baumerhaltstrategie – Rat am 22.05.2023

Herr Vorsitzender, Herr OB, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauende,

gerade in diesen Hitzetagen freuen wir uns über jeden schattenspendenden Baum, ob an der Straße oder im Garten. Für Klimaschutz und Klimaanpassung sind die Bäume in der Stadt unser größter Joker. Dennoch sind ausgerechnet in der selbsternannten „Gartenstadt“ Oldenburg die Bäume unzureichend geschützt. Dies gilt insbesondere für private Grundstücke ohne oder alten Bebauungsplan. Dort dürfen zwischen Anfang Oktober und Ende Februar jedes Jahr ohne Begründung, ohne Beratung und ohne Kompensation Bäume gefällt werden. 

Daher diskutieren wir in Oldenburg schon sehr lange über eine Baumerhaltstrategie. Umso bitterer ist es für unsere Fraktion, dass wir hier heute immer noch keine Baumerhaltstrategie in die Wege leiten und dass wir seit Monaten auf den Entwurf für eine Baumschutzssatzung warten, um ihn dann im Rat und in der Stadtgesellschaft zu diskutieren. Ich möchte an dieser Stelle auf die Historie blicken, bevor ich unsere konkreten Lösungsvorschläge aufzeige. 

Im Mai 2021 wurde ein Antrag der SPD-Fraktion im Rat beschlossen, nach dem eine Bauerhaltstrategie entwickelt werden sollte. Schon damals hieß es in der Antragsbegründung, dass dabei die „Hildesheimer Regelungen zum Baumschutz eingearbeitet werden“. Hildesheim regelt wie viele andere Städte in Deutschland den Schutz der Bäume auf Privatgrundstücken per Satzung. 

Im Dezember 2021 legte dann die Verwaltung einen umfassenden und aus unserer Sicht sehr guten Entwurf für eine Baumerhaltstrategie vor. Demzufolge würde auf der einen Seite auf städtischen Flächen mit einem Baumschutzkonzept, Klimaanpassungs- und Entsiegelungsmaßnahmen und der Pflanzung von weiteren Bäumen, Blühwiesen und Streuobstflächen mit gutem Beispiel vorangangen. Auf der anderen Seite sollte für die privaten Grundstücke ein Förder- und Beratungsprogrammen konzipiert werden. Zudem sollte der Entwurf für eine verbindliche Regelung in einem breiten und partizipativen Beteiligungsverfahren diskutiert werden. Die Eckpunkte einer solchen verbindlichen Regelung waren bereits in der Verwaltungsvorlage erhalten und daher lange bekannt; der formale Satzungsentwurf aber fehlte noch. 

Zum Ende Februar 2023 stellte unsere Grüne Fraktion dann einen gemeinsamen Antrag mit der SPD. Damit wiesen wir die Verwaltung an, genau den von ihr skizzierten Weg weiterzugehen und die Baumerhaltstrategie zu forcieren. Damit sollte auch das Beteiligungsverfahren gestartet werden. Im ASUK vom Mai und Juni wurde jeweils ausführlich dargestellt, wie die Beteiligung ausgestaltet sein sollte: Die Strategie amt Satzungsentwurf sollte auf einer eigens eingerichteten Internseite vorgestellt werden, es waren Informationsveranstaltungen mit Bürgervereinen und anderen Akteuren geplant. Der Satzungsentwurf aber fehlte immer noch, allerdings wurde uns von der Verwaltung per Protokoll zugesichert, dass der Entwurf spätestens zur Ratssitzung heute vorgelegt werden würde. 

Wir hätten die Satzung übrigens nicht, wie fälschlicherweise in der NWZ berichtet, heute final beschlossen. Im Gegenteil, wir hätten nur die Auslegung beschlossen und gleichzeitig ein formelles und informelles Beteiligungsverfahren gestartet, dessen Details die Verwaltungsmitarbeitenden selbst sehr gut ausgearbeitet hatten. Die Baumerhaltstrategie, inclusive der Anregungen aus dem Beteiligungsverfahren, hätten wir dann rechtzeitig vor Ende der Brut- und Setzzeit im Oktober beschließen wollen.  

Und jetzt stehen wir heute ohne Satzungsentwurf da. Der Oberbürgermeister begründet dies in der NWZ damit, dass er von dieser eben geschilderten monatelangen Diskussion nichts mitbekommen habe, und darum erstmal ein Beteiligungsverfahren starten wolle. Da fragen wir uns, wie sich dieses Beteiligungsverfahren von dem Ansatz unterscheidet, den die Verwaltung bereits ausgearbeitet hat und den wir seit Monaten im ASUK diskutieren?

Für uns Grüne ist dieser Zustand schwer erträglich. Darum müssen wir uns mit allen Beteiligten im Sommer zusammensetzen, um die unbeantwortete Frage zu klären, welche Elemente in der Bürgerbeteiligung eigentlich noch fehlen, die nicht schon in der Verwaltungsstrategie enthalten waren. Aus unserer Sicht spricht nichts dagegen, die Beteiligung noch durch weitere Ansätze auszuweiten. Allerdings sind für uns zwei Prämissen dabei elementar wichtig: Zum einen sollte klar kommuniziert werden, dass eine rechtlich verbindliche Regelung aus Sicht von Politik und Verwaltung grundsätzlich Teil einer effektiven Baumerhaltstrategie sein muss. Zum anderen bräuchten wir für den Winter und den Zeitraum der Beteiligung ein „Moratorium“, damit in privaten Gärten während der Beteiligung keine neuen Fakten geschaffen werden. Darum sprechen wir uns für eine zeitlich befristete Sicherstellungssatzung aus, die wir noch nach der Sommerpause beschließen könnten. 

Wir stehen hier für konstruktive Gespräche weiterhin gerne zur Verfügung, damit wir eine Lösung im Sinne der Bäume finden können, mit der Oldenburg seinen Namen als „Gartenstadt“ auch verdient. 

Vielen Dank